Religiös oder Wiedergeboren?

Sieben sichere Zeichen für eine echte Bekehrung

Gibt es erkennbare Zeichen dafür, dass eine echte Bekehrung stattgefunden hat? Wie können Suchende bezeugen, dass Gott in ihrem Herzen ein Werk getan hat? Oder können Evangelisten und andere geistliche Hirten berechtigte Gründe finden, um Suchenden, denen Heilsgewissheit fehlt, zu versichern, dass Gott wirklich ein Werk an ihren Herzen getan hat? Und können Mitarbeiter im Reich Gottes verlässlich »testen«, wo ein Anwärter auf Taufe und Gemeindemitgliedschaft geistlich wirklich steht?

Etliche Schriftstellen nennen eine Reihe sicherer Zeichen für eine Bekehrung, die unsere Vorväter »Kennzeichen der Gnade« genannt haben. Der 1. Johannesbrief beispielsweise listet diese Kennzeichen so deutlich auf, dass Ausleger von diesem Brief sagten, dass er »die Tests des Lebens« darlege. Johannes sagt ausdrücklich, dass wir anhand subjektiver Indizien wissen können, ob wir Gott erkannt haben (1. Johannes 2,3). Auch Römer 8 beschreibt mehrere eindeutige Anzeichen und Indizien für eine Bekehrung. Zum Auswendiglernen und Anwenden in der Praxis und Seelsorge eignet sich jedoch am besten Apostelgeschichte 2.

Bevor wir zu diesen Zeichen kommen, sollten wir uns jedoch an die dringende Notwendigkeit erinnern, diese Zeichen heute wieder in unser Blickfeld zu rücken. Wir wissen nur zu gut, dass ein großer Teil des modernen Evangelikalismus dahin tendiert, Sünde und Buße herabzuspielen und nur die Wohltaten des Evangeliums zu erwähnen. Wir hören, dass Menschen zu einer »Lebensübergabe« gebracht werden, obwohl sie noch nicht wirklich mit ihrer Sünde konfrontiert wurden und noch keine Buße getan haben. Wir sehen, wie Menschen zu einer solchen sofortigen »Entscheidung für Christus« überredet werden und ihnen unverzüglich zugesichert wird, dass sie nun errettet seien. Aber sind sie das wirklich? Für »Seelenärzte« ist es heute absolut wichtig, dass sie echte Zeichen für neues Leben erkennen können.

Die sieben Zeichen

Der großartige Bericht von Lukas in Apostelgeschichte 2,37-38.41-46 bietet eine detaillierte Schau der enormen Veränderung, die in der Einstellung und dem Leben von mehreren tausend Menschen stattfand, die sich am Pfingsttag bekehrten:

»Als sie aber das hörten, drang es ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den übrigen Aposteln: Was sollen wir tun, ihr Männer und Brüder? Da sprach Petrus zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden … Diejenigen, die nun bereitwillig Sein Wort annahmen, ließen sich taufen … Und sie blieben beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und in den
Gebeten … mit Frohlocken und in Einfalt des Herzens.«

In diesem Abschnitt kommen sechs der wichtigsten Zeichen oder Merkmale der Gnade vor. Es bestand kein Zweifel an der tiefen persönlichen Erfahrung dieser Männer und Frauen. Die Beschreibung in Apostelgeschichte 2 versichert uns, dass ein Werk der Gnade tatsächlich erkannt werden kann. Wenn ernsthaft Suchende über ihr Seelenheil besorgt sind, dann können wir prüfen, ob sie diese Merkmale oder Indizien für ein Werk des Herrn in ihrem Leben aufweisen. So können wir ihnen genau die Ermunterung geben, die sie brauchen.

1. Sündenerkenntnis

Das erste Merkmal der Gnade in Apostelgeschichte 2 ist die Erfahrung von Sündenerkenntnis, die zu echter Buße führt (Vers 37-38). Die Leute wurden getauft, nachdem sie gezeigt hatten, dass es ihnen »durchs Herz gedrungen« war (oder »ins Herz geschnitten hatte«, wie es im Griechischen heißt). Das war ein Anzeichen dafür, dass sie sich für ihre Sünden wirklich schämten, darüber besorgt waren und sich wirklich nach Vergebung sehnten. Wenn wir prüfen wollen, wo jemand geistlich steht, müssen wir also nach einem »zerbrochenen und zerschlagenen Herzen« (Psalm 51,19) Ausschau halten. Haben wir den Eindruck, dass nur eine kalte, verstandesmäßige Aner-
kennung von Sünde vorliegt (oder ein kurzlebiger Gefühlsausbruch) und Buße nur förmlich oder eingeschränkt vorhanden ist, sollten wir bezweifeln, dass sich wirklich eine Bekehrung vollzogen hat. Das Wort Gottes sagt:

»Glückselig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten« (Matthäus 5,6)

Buße geht mit heftigen Gefühlen einher, und nur wenn jemand sich zutiefst Sorgen wegen seiner Sünden macht und er die Last verspürt, Vergebung von Gott zu bekommen, können wir auf solider Grundlage hoffen, dass ein wunderbares Werk der Gnade im Herzen stattgefunden hat. Wir lesen oft »Zeugnisse«, in denen keine Buße vorkommt. Hier müssen wir das Schlimmste befürchten. Den meisten Bekehrungsgeschichten von Stars – die oft in lockerer, spaßiger Sprache berichtet werden – fehlt dieses essenzielle Merkmal der Gnade. Solche Leute sagen, sie hätten Jesus ihr Leben anvertraut, und nun stehe Er ihnen bei (sogar auf der Bühne) und mache sie in ihrem unveränderten, weltförmigen Leben viel erfolgreicher. Jedes Anzeichen für Sündenerkenntnis fehlt.

Die Vorstellung, jemand könne »Christus annehmen«, nur weil er sich innerlich leer fühlt, ist ein tragischer Irrglaube und hat nichts mit der biblischen Bekehrung zu tun. Wir müssen nach einem Anzeichen dafür schauen, dass der Suchende sich in Besorgnis vor Gott gebeugt und ernstlich ersehnt hat, Vergebung und neues Leben zu empfangen. Wir erwarten nicht, dass alle Suchenden jene tiefe Beschämung und die Seele erschütternde Trübsal erleben, von denen wir in manchen christlichen Biografien oder Erweckungsgeschichten lesen; aber sie müssen ein gewisses Maß an Betrübnis, Demütigung vor Gott und Vergehen vor Verlangen nach Gottes Gnade erlebt haben. In irgendeiner Weise müssen sie das zerbrochene, zerknirschte Herz zum Ausdruck bringen, das für Vergebung allein auf den Christus von Golgatha vertraut.

Buße ist eine Veränderung oder Umkehr des Denkens, ein Umkehren weg von der Sünde hin zu Gott. Sie betrifft zwei Bereiche: unsere Einstellung zur Sünde und zum Herrn. Zu Beginn unserer Sündenerkenntnis schämen wir uns für unsere Sünde und ersehnen, uns davon abzuwenden und anders zu sein. Außerdem ändern wir unser Denken über den Herrn, suchen Ihn als den einzigen Retter und ergeben uns Ihm als dem absoluten Herrscher über unser Leben. Doch heute meinen viele Prediger, Buße bedeute lediglich, sein Denken über Jesus Christus zu ändern, und sie leugnen, dass die Herrschaft Jesu über das Leben notwendig zur Errettung ist. Damit implizieren sie, es sei nicht nötig, mit dem alten, sündigen, weltlichen Lebensstil komplett zu brechen. Auf diese Weise verwässern sie Buße bis zur Bedeutungslosigkeit und verkünden eine Karikatur der neutestamentlichen Bekehrung.

Als Tatsachen können wir festhalten:

·         keine Scham für Sünde – keine Bekehrung

·         keine Abhängigkeit allein vom Werk auf Golgatha – keine Bekehrung

·         kein Bruch mit dem alten Leben – keine Bekehrung

·         keine Trennung von der Welt – keine Bekehrung

·         keine Herrschaft Christi – keine Bekehrung

Die Schlüsselfragen, deren Antworten wir kennen müssen, sind: Hat sich der Suchende wegen seiner Sündhaftigkeit vor einem heiligen Gott jemals elendig und zutiefst beschämt gefühlt? Hat er wirklich Buße getan und seine Hoffnung auf den Sühnetod des Herrn Jesus als einzigen Retter gerichtet? Hat er sich Ihm völlig sowohl als seinem Retter als auch als seinem Herrn ausgeliefert? Dafür müssen wir natürlich nach Anzeichen suchen. Gibt es Indizien, dass die betreffende Person sich wirklich gedemütigt und ihre Beziehung sowohl zum Herrn als auch zur Welt radikal geändert hat? Wenn das der Fall ist, werden die Anzeichen dafür nicht schwer zu erkennen sein. Liegt es dem Suchenden am Herzen, den Herrn zu erfreuen? Liegt ihm daran, in der Heiligkeit fortzuschreiten?

Manchmal haben wir auch mit Suchenden zu tun, die keine Heilsgewissheit haben, bei denen aber dennoch offensichtlich diese Dinge geschehen sind. Sie hungern und dürsten wirklich nach der Gerechtigkeit. Unter diesen Umständen kann es unsere Aufgabe und unser Vorrecht sein, ihnen zu helfen, zu sehen, dass eine gewaltige Veränderung in ihrem Leben stattgefunden hat und dass sie offensichtlich durch die Gnade Gottes durch das Tal der Buße gegangen und auf den Höhen des Reiches Gottes angelangt sind. Wie wir ihnen zur Heilsgewissheit verhelfen können, werden wir beim nächsten Merkmal sehen.

2. Verständnis der Bibel

Das zweite Merkmal der Gnade ist in Apostelgeschichte 2,42 zu finden:

»Sie blieben beständig in der Lehre der Apostel.«

Das weist darauf hin, dass sie kontinuierlich und beharrlich an der Lehre der Apostel festhielten. Es ist ein sicheres Merkmal der Gnade, wenn sich der Verstand einer Person unerklärlicherweise dafür geöffnet hat, das Wort Gottes zu verstehen und zu lieben, und wenn sie sich instinktiv dessen Autorität und Leitung unterwirft. Ein echter Bekehrter begreift die Bedeutung von Gottes Wort, wird davon ergriffen und sogar gefesselt und hält treu daran fest. Das ist ein sicheres Zeichen für eine Bekehrung, denn 1. Korinther 2,14 sagt:

»Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an,
was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und
er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muss.«

Unbekehrte finden die Bibel im Allgemeinen kompliziert, schleierhaft und schwierig zu verstehen. Doch wer wirklich bekehrt ist, findet auf den Seiten der Bibel helles Licht und tiefen Sinn, und sein Herz wird davon erwärmt und bewegt.

Neubekehrte werden sicherlich nicht sogleich Bibelbücher verstehen wie z.B. Hesekiel oder die Offenbarung. Vorher jedoch waren sie blind für das ganze Wort Gottes, und nach der Bekehrung sind sie imstande, die Bibel mit neuen Augen zu sehen. Die einst trockenen Texte werden lebendig. Wer überhaupt nichts mit der Bibel anfangen kann, ist höchstwahrscheinlich nicht bekehrt, auch wenn er sich als gläubig bekennt. Wir sollten diejenigen, die sich als neubekehrt bekennen, stets fragen, was die Bibel ihnen jetzt bedeutet. Wir wollen wissen, ob die Bibel sie plötzlich überrascht und bewegt hat. Hat sie eine neue, geheimnisvolle Autorität über ihr Leben gewonnen? Echte Bekehrte wollen tun, was immer die Bibel ihnen sagt. Sie werden nicht ehrfurchtslos über jede biblische Aussage debattieren, sondern lassen sich von dem, was die Bibel lehrt, bereitwillig herausführen und leiten.

Außerdem ist es wichtig, zu prüfen, ob dieses neu erlangte Interesse am Wort Gottes beständig ist. Ist der Bekehrte unstet und wechselhaft? Lassen sie sich wochenlang nicht blicken und kommen dann zur Gemeinde zurück, als wären sie immer da gewesen? Können sie ihre geistlichen Gefühle an- und ausschalten wie einen Lichtschalter? Oft kommt es vor, dass jemand anscheinend tief von der Bibel angezogen wird und offenbar aufrichtigen Glauben hat, aber dann verschwinden die positiven Zeichen so schnell, wie sie gekommen sind. Beständigkeit ist eine gute Bestätigung dafür, dass im Leben eines wahrhaft Bekehrten Gottes Wort eine neue Autorität hat.

3. Die Familienbande

Das dritte Merkmal der Gnade sehen wir in dem Wort Gemeinschaft in Apostelgeschichte 2,42.

»Sie blieben beständig … in der Gemeinschaft

Diejenigen, die auf Christus vertrauten, schlossen sich sogleich fest dem Volk Gottes an. Dieser seltsame und innige Wunsch, mit Christen zusammen zu sein, dieses geheimnisvolle Gefühl der Vertrautheit und Verwandtschaft ist ein weiteres sicheres Zeichen für eine echte Bekehrung. Das erfahren wir in 1. Johannes 3,14:

»Wir wissen, dass wir aus dem Tod zum Leben gelangt sind,

denn wir lieben die Brüder.«

Die wohlbekannten Worte aus Ruth 1,16 sind eine passende Ergänzung dazu:

»Dringe nicht in mich, dass ich dich verlassen und mich von
dir abwenden soll! Denn wo du hingehst, da will ich
auch hingehen, und wo du bleibst, da will ich auch bleiben;
dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott!«

Wenn jemand nach den Gottesdiensten mit Vorliebe noch in den Gemeinderäumen bleibt und sich mit den Gläubigen unterhält und gern Einladungen zur Gemeinschaft annimmt, kann das sehr wohl ein Anzeichen für ein echtes Werk der Gnade sein. Ein tiefes Bedürfnis nach geistlicher Gemeinschaft kann darauf hinweisen, dass der Herr diese Person in seine geistliche Familie eingepflanzt hat. Bildlich gesprochen, fließt in den Adern aller wahrer Bekehrter das Königsblut der himmlischen Familie, denn sie sind »Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen« geworden (Epheser 2,19).

Wenn ein angeblich Bekehrter jedoch vorzieht, weiterhin mit seinen weltlichen Freunden zusammen zu sein, ist das ein schlechtes Zeichen. Wenn kein enges Band mit Christen besteht, kein Wunsch nach Gemeinschaft da ist und kein Sehnen, sich über die Dinge Gottes zu unterhalten, ist es unwahrscheinlich, dass bereits eine echte Bekehrung stattgefunden hat. Das einzigartige Band, das einen Gläubigen mit anderen verbindet, wird jedem wahren Christen bei der Bekehrung verliehen. Sehen wir bei dieser Person, deren geistlichen Standpunkt wir bestimmen möchten, dieses Band und dieses Bewusstsein der Dazugehörigkeit?

Wahre Bekehrte erleben auch, wie sich zwischen ihnen und ihren ungläubigen Freunden eine wachsende Kluft auftut. Das mag schmerzlich sein, ist jedoch unvermeidlich, wenn die Gnade im Herzen ist. Der echte Bekehrte fühlt sich anders und lebt nun nach anderen Prinzipien und Wünschen. Sicher wünscht und ersehnt er, dass seine einstigen Freunde errettet werden; doch sind die alten Beziehungen durch die Bekehrung einschneidend beeinträchtigt.

Hierin besteht jedoch auch eine Gefahr. Enge Beziehungen auf rein menschlicher Ebene können leicht zu einem unechten Bekenntnis des Glaubens an Christus führen. Heute wird in Hauskreisen und Heimbibelkursen eifrig Gebrauch von der Freundschaftsmethode gemacht, um Leute anzuziehen und enge Beziehungen zu ihnen aufzubauen. In gleicher Weise bietet die althergebrachte Art von christlichen Jugendgruppen ein Umfeld für Freundschaft und Unternehmungen, die von den Teilnehmern sehr geschätzt werden. In solchen Situationen können Menschen die geistliche Botschaft einer Gruppe einfach nur deshalb annehmen, weil ihnen die Freundschaft zu den anderen Gruppenmitgliedern sehr wichtig geworden ist. Vielleicht ist ihnen nicht klar, dass die treibende Kraft in ihnen ihr eigenes emotionales Bedürfnis ist und nicht der Geist Gottes; denn ihr Bekenntnis zum Glauben gründet nicht auf Sündenerkenntnis und rettender Erkenntnis.

Wie können wir herausfinden, ob dies der Fall ist? Wir sollten darauf achten, ob sich Neubekehrte besonders zu den geistlicheren Leuten in einer Gruppe halten und auch Kontakt zu anderen Gläubigen außerhalb der Gruppe suchen. Haben sie sich zur Gruppe bekehrt oder zum Herrn? (Der bewusste Einsatz von »Peer-Group«- oder »Freundschafts«-Evangelisation steckt voller Gefahren, denn das ist eine künstliche Methode und sollte von weisen Gemeindehirten nicht gefördert werden.)

4. Die Entdeckung des Gebets

Ein weiteres sicheres Merkmal der Gnade, das in Apostelgeschichte 2 erwähnt wird, ist das Gebet. Diesen bekehrten Juden war echtes persönliches Gebet mit direktem Zugang zu Gott zuvor sicher unbekannt. Ihre Gebete wurden durch das System der Synagogen und der Priester dargebracht. Persönliches Gebet war oft nichts anderes als das kalte, heidnische Aufsagen von Phrasen. Sobald diese Gläubigen jedoch wirklich bekehrt waren, konnten sie sich gar nicht mehr von den Gebetstreffen zurückhalten, denn sie hatten das Wunder, das Vorrecht und die Kraft gefühlvollen, wirksamen Gebets entdeckt. Sie waren sich bewusst geworden, dass sie Gottes eigene Kinder waren und dass ihr großer Hoherpriester im Himmel ihr Rufen hörte. Beim Gebet wurden ihre Herzen erwärmt, und sie empfingen klare Gebetserhörungen.

Der Apostel Paulus schreibt, dass die Entdeckung des Gebets ein Werk allein des Heiligen Geistes ist:

»Weil ihr nun Söhne seid, hat Gott den Geist Seines Sohnes
in eure Herzen gesandt, der ruft: Abba, Vater!« (Galater 4,6)

Wenn Bekehrte nichts über diese persönliche Erfahrung des Gebets berichten können, müssen wir ihre Bekehrung mit großer Vorsicht betrachten. Wir sollten fragen, ob sie das Gebet »entdeckt« haben und ob sie Erfahrungen weitergeben können, wie der Herr ihre Gebete erhört hat. Können sie sagen, welcher Art die Dinge waren, für die sie gebetet haben? Haben sie die rein eigennützigen, für Unbekehrte typischen Gebete aufgegeben, und haben sie stattdessen gelernt, um geistliche Segnungen zu bitten wie z.B. Schriftverständnis, Macht über die Sünde und die Errettung anderer? Wahre Bekehrte zeigen bald, dass sie etwas vom geistlichen Gebet verstehen. Sie lassen erkennen, dass sie sich viel mehr um unerrettete Verwandte und Freunde sorgen als um sich selbst.

Wenn sich jemand als bekehrt bekennt, aber bei jeder Erprobung in Panik und Verzweiflung gerät, ist es unwahrscheinlich, dass er wirklich das Gebet entdeckt hat. Ältere echte Gläubige können tatsächlich sehr nachlässig mit der Gewohnheit des Gebetes werden – zu ihrer Schande und ihrem Schaden –; aber die Entdeckung des Gebets ist ein sehr deutliches Merkmal der Gnade während der ersten Schritte des Christseins. Das sehen wir in Apostelgeschichte 2. Wahre Bekehrte gehen mit ihren Problemen instinktiv im Gebet zum Herrn, und wenn sie das tun, wissen wir, dass sie Ihn wirklich gefunden haben.

5. Das neue Herz

Ein weiteres wichtiges Merkmal der Gnade wird in Apostelgeschichte 2,46-47 beschrieben. Dort lesen wir, dass die Bekehrten von Pfingsten charakterisiert sind von aufrichtiger, kompromissloser Hingabe und Treue, die beschrieben wird als »Einfalt (Aufrichtigkeit) des Herzens«. Bei einem Bekehrten findet eine große Veränderung in den innersten Gedanken und Wünschen statt, was zu Hingabe an die Sache Christi führt, zur Bereitschaft, Ihm zu dienen, und zu reinen Motiven. Echte Bekehrte sind bereit, ihren Lebensstil zu ändern, um Gott zu gefallen. Sie haben keine zweifachen Motive und wollen nicht einerseits Gottes Segnungen und andererseits weltlichen Erfolg, Glück und Vergnügen. Paulus sagt:

 »Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte
ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden!« (2. Korinther 5,17)

Bei einer echten Bekehrung erfüllt sich die Verheißung Gottes:

»Ich aber will ihnen ein einiges Herz geben, ja, Ich will einen neuen Geist in euer Innerstes legen; und Ich will das steinerne Herz aus ihrem Leib nehmen und ihnen ein fleischernes Herz geben.« (Hesekiel 11,19)

Die alte Härte und Kälte wird weggenommen, sodass dem Bekehrten viel an seiner Beziehung zum Herrn liegt und er für geistliche Dinge empfänglich ist. Er wird geistlich empfindsam für Gottes Willen und für seine Verantwortung als Christ und bekommt ein bereitwilliges Herz. Neue Motive, Geschmäcker und Ideale halten Einzug, sodass ihm die Welt und all ihre sündigen Vergnügungen fade schmecken und er die Dinge Gottes bevorzugt.

Beim Beurteilen des geistlichen Zustands eines Suchenden sollten wir erwarten, diese radikale Veränderung des Charakters und der Einstellungen zu beobachten. Ein echter Neubekehrter ist bemerkenswert belehrbar und formbar. Wer zuvor stolz und arrogant war, sucht plötzlich Hilfe und Anleitung für seinen geistlichen Weg. Oft erstaunt es uns, welche Veränderungen sich an solchen Menschen vollziehen. Ihre Herzen werden so gewaltig umgeformt, dass sie schon von selber das Richtige tun wollen. In manchen Bereichen können sie zeitweilig widerwillig und widerspenstig gegen Gott sein, aber im Allgemeinen sind sie sehr empfänglich für biblische Belehrung und Ermahnung.

Wenn ein distanzierter und eingebildeter Mensch plötzlich warmherzig, demütig und belehrbar wird, ist das ein eindrückliches Zeichen der Gnade. Wenn jedoch andererseits sogenannte »Bekehrte« weiterhin an weltlichen Besitztümern, Zielen, Moden und an Rockmusik festhalten und völlig unbewegt sind, wenn ihnen ein ernstlicher Rat vom Wort Gottes her erteilt wird, müssen wir schwer bezweifeln, dass ein neues Herz empfangen wurde.

Zu diesem neuen Herzen gehört auch eine Haltung großer Ehrfurcht und Ehrerbietung vor dem Herrn und eine tiefe Liebe zu Ihm. Im selben Bibelabschnitt in Apostelgeschichte 2,43 lesen wir:

»Es kam aber Furcht über alle Seelen.«

Damit ist Ehrfurcht bzw. heilige Scheu gemeint. Das neue Herz ist sorgsam darauf bedacht, dem Herrn zu gehorchen und es ist sich Seiner Gegenwart, Heiligkeit und Macht bewusst. Der extrem unverbindliche und lockere Bekehrte hat wahrscheinlich nie das neue Herz empfangen. (Gleiches gilt für die Art von Leuten, die oft christliche Veranstaltungen leiten – sie ergehen sich in ehrfurchtsloser Zwanglosigkeit und verhalten sich mehr wie Showstars als wie Botschafter Christi.)

Es stimmt, dass langjährige Gläubige in einem gewissen Grad zurückfallen und ihre erste Liebe verlassen können und dann Zeiten der Gleichgültigkeit und des Ungehorsams durchleben. Doch zu Beginn des Lebens als Christ ist das offene, empfängliche und gehorsame Herz sehr deutlich zu erkennen und muss als wichtiges Merkmal der Gnade gewertet werden.

6. Ein anfängliches Maẞ an Heilsgewissheit

Apostelgeschichte 2,41-47 beschreibt Menschen, die schon zu Beginn ihrer Erfahrung als Christen eine starke Heilsgewissheit hatten. Dass sie »frohlockten« (Vers 46) und »Gott lobten« (Vers 47), weist darauf hin. Jeder wahre Bekehrte wird einen anfänglichen Segen der Heilsgewissheit erleben, auch wenn diese wieder verblassen kann, wenn durch Angriffe Satans Zweifel verursacht werden. Die Bibel spricht von einem Siegel der Gewissheit, das allen Christen bei ihrer Bekehrung gegeben wird:

»In Ihm seid auch ihr, nachdem ihr das Wort der Wahrheit,
das Evangelium eurer Errettung, gehört habt – in Ihm seid
auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit
dem Heiligen Geist der Verheißung« (Epheser 1,13)

Derselbe Segen der Heilsgewissheit wird in 2. Korinther 1,22 erwähnt.

»Er hat uns auch versiegelt und das Unterpfand
des Geistes in unsere Herzen gegeben.«

Wir haben kein Recht, von neugeborenen Säuglingen in Christus zu erwarten, dass sie eine unerschütterliche, völlige Heilsgewissheit haben; aber wir erwarten, dass wir dieses Siegel erkennen können, das der Heilige Geist verleiht und damit Sein Echtheitssiegel auf Sein eigenes Werk prägt. Dieses Siegel ist, wie wir in einem früheren Kapitel gesehen haben, ein Siegel der Bestätigung – wie ein Eindruck in Wachs durch einen Siegelring –, das hoch stehende Personen früher auf ihre Dokumente und Briefe aufprägten.

Dieses Siegel ist für den Neubekehrten erkennbar. Normalerweise wird er Gefühle erfahren, die mit nichts bisher Erfahrenem vergleichbar sind, einen Frieden empfinden, wie ihn die Welt nicht geben kann, und sich der empfangenen Vergebung bewusst sein. Doch auch wenn solche Gefühle nur schwach vorhanden sind, wird der Neubekehrte mit Gewissheit wissen, dass seine Neigungen und seine Natur verändert worden sind. Wir lesen, dass das Siegel das Unterpfand, die Anzahlung, das
Guthaben oder der Vorgeschmack des künftigen Erbes des Christen ist, und daraus schließen wir, dass wahre Bekehrte einen Sinn für das Wunder empfangen, Erben des Himmels zu sein, und dass sie dankbar dafür sind.

Weil Gott der Bekehrung Sein Siegel aufprägt, spüren Bekehrte definitiv, dass etwas Wunderbares mit ihnen geschehen ist. Sie werden sicher feststellen, dass ihre Wünsche sich geändert haben und dass sie eine neue Einstellung zur Sünde haben, denn ihr einstiger Freund wird nun ihr Feind. Der geistliche Ratgeber wird wissen wollen, ob der Suchende diese Dinge erlebt hat. Wenn jemandem Heilsgewissheit fehlt, sollten wir ihn fragen: »Hattest du jemals Gewissheit, bekehrt zu sein? Hast du irgendwann einmal gespürt, dass dir vergeben ist und dass du ein neuer Mensch bist?« Die Antwort kann sehr wohl lauten: »O ja, vor einiger Zeit, als ich gerade Buße getan und auf den Herrn vertraut hatte, da fühlte ich mich gewiss.«

Wenn wir bei anderen nach Heilsgewissheit forschen, müssen wir jedoch sehr behutsam sein, denn vielen echten Bekehrten fehlt eine klare Heilsgewissheit. Im Westminster-Glaubensbekenntnis heißt es: »Gewissheit gehört nicht zu den Grundelementen des Glaubens, sondern ein wahrer Gläubiger wartet womöglich lange darauf und hat mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, bevor er ihrer teilhaftig wird.« Geistliche Ratgeber müssen wissen, wie sie betrübten Gläubigen zeigen können, was Gott bereits für ihre Seelen getan hat. Sie müssen bereit sein, mit zweifelnden und verzagten Seelen diese Merkmale der Gnade durchzugehen, damit sie (wenn der Grund dafür besteht) aus den klaren Indizien Trost und Gewissheit empfangen, dass Gott ein Werk an ihnen getan hat.

7. Angriffe Satans

Dies wird zwar in Apostelgeschichte 2 nicht erwähnt, doch die Feindschaft des Teufels gegenüber dem Neubekehrten ist ebenfalls ein wichtiges Zeichen der Errettung. Der Widersacher schießt seine feurigen Pfeile des Zweifels und der Angst stets in den Sinn von wahren Bekehrten. Wenn der Bekehrte merkt, dass er bombardiert wird mit Zweifeln an der Wahrheit des Evangeliums und an seinem geistlichen Fortschritt, kann das ein positives Zeichen dafür sein, dass der Heilige Geist ein Werk der Gnade am Herzen getan hat. In Lukas 11,21 lehrt der Herr Jesus:

»Wenn der Starke bewaffnet seinen Hof bewacht,
so bleibt sein Besitztum in Frieden.«

In diesem Vers ist der Satan der »bewaffnete Starke« und wird als Tyrann beschrieben, der seine Sklaven in Ruhe lässt, solange sie sicher innerhalb seiner Befestigungsanlagen bleiben.

Wahre Bekehrte sind jedoch nicht mehr in der Festung des Satans. Sie sind frei geworden, und somit hat ein schwerer Krieg für sie begonnen. Sie stehen nun im »… Kampf … gegen die Herrschaften, gegen die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit« (Epheser 6,12). Die aufgewühlten Gedanken, unter denen sie leiden, die verhassten Zweifel und die Ungewissheit können alles Anzeichen sein, dass der Herr sie wirklich gerettet hat und dass sie sich nun auf dem Schlachtfeld befinden.

Im Krieg geben die zuvor getarnten Truppen, die zuerst schießen, ihre Präsenz und Position auf, und in gleicher Weise schießt Satan übers Ziel hinaus, wenn er Jungbekehrte mit solchen Attacken angreift. Er zeigt ihnen seine Existenz und Boshaftigkeit. Ist es nicht seltsam, dass diese erste Attacke nur dann geschieht, wenn jemand wirklich den Herrn gesucht und gefunden hat? Die Strategie Satans, solche Angriffe erst dann zu unternehmen, wenn jemand wirklich bekehrt ist, wird besonders deutlich an der Erfahrung derer, die in christlichen Familien aufgewachsen sind und jahrelang Namenschristen waren, bevor sie sich wirklich bekehrt haben. Während dieser unbekehrten Jahre bezweifeln sie selten die historische Wahrheit der Bibel oder das Werk und den Dienst Jesu Christi. Aber in dem Moment, wenn sie sich aufrichtig Christus zuwenden, beginnen sie Zweifel zu erfahren. Denn gerade dann hört der Satan auf, »friedlich« zu sein, und versucht, ihre Freude und ihren Frieden im Glauben wegzunehmen. Er kann ihnen nicht das Heil wegnehmen, aber er wird alles daransetzen, sie als Christen wirkungslos zu machen.

Die Strategie Satans variiert. In dem einen Moment plagt er den jungen Gläubigen mit Zweifeln am christlichen Glauben. Im nächsten Augenblick ändert er seine Attacke und sagt quasi: »Alles ist wahr, die Bibel ist wahr, der Glaube ist wahr, die Errettung ist wahr – nur du bist nicht bekehrt.« Früher oder später wird der junge Gläubige in Sünde fallen, und der Teufel wird die Gelegenheit ergreifen und diese Anklage geltend machen: »So jemand wie du kann doch unmöglich ein Kind Gottes sein!«

Gerade die Tatsache, dass Neubekehrte sich zu sorgen beginnen, ob sie überhaupt gerettet sind, ist an sich ein Indiz für eine Bekehrung. Als echten Christen ist für sie der Zustand ihrer Seele die wichtigste Sache im Leben. Ihre geistliche Stellung ist für sie entscheidend, und ihre nagenden Zweifel erweisen schließlich, dass sie Kinder Gottes sind. Unbekehrte machen sich keine großen Sorgen über ihren geistlichen Zustand, sondern interessieren sich mehr für die Dinge dieser Welt. »Heilige Beunruhigung«, wie die Puritaner es nannten, ist daher ein gutes Anzeichen dafür, dass der Schatz dieses Menschen nun im Reich Gottes ist.

Zusammenfassung der Zeichen

1.       Der Suchende wurde von Sünde überführt, und sein zerbrochenes und zerschlagenes Herz hat in Buße Gnade und Erbarmen bei Gott gesucht. Das ist das erste und wichtigste Element.

2.       Ein neues Verständnis für das Wort Gottes und eine bereitwillige Unterwerfung unter dessen Autorität ist aufgekommen.

3.       Ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zum Volk Gottes ist entstanden, wodurch wir wissen, dass wir vom Tod zum Leben übergegangen sind.

4.       Eine wunderbare neue Fähigkeit zum Beten zeigt sich. Dazu gehört auch, Gott zu loben und geistliche Gebetsanliegen zu haben. Gebetserhörungen werden erlebt.

5.       Ein neues Herz mit neuen Neigungen wurde empfangen. Dazu gehören neue Freude, ein neuer Charakter, neuer Geschmack und neue Wünsche, denn der Gläubige ist von der Welt befreit und ist eine neue Schöpfung in Christus. Mit dem neuen Herzen beginnt der Heiligungsprozess: der Wunsch, gegen Sünde zu kämpfen und in der Heiligung fortzuschreiten.

6.       Der Friede Gottes und ein anfängliches Bewusstsein, Gott zu gehören (Heilsgewissheit), wurden durch den Heiligen Geist ins Herz gegeben.

7.       Die Angriffe Satans werden nun gespürt in Form der Versuchung zu zweifeln – und insbesondere an der Stellung als Gläubiger zu zweifeln. Der geistliche Kampf hat begonnen.

Der Gebrauch dieser Zeichen in der Seelsorge

Seelenärzte werden sicher sorgfältig darauf achten, einem Suchenden keine verfrühte Heilsgewissheit einzureden. Wenn ein Prediger oder ein anderer Mitarbeiter im Reich Gottes einem Suchenden vorzeitig versichert, er sei gerettet, kann das für den Suchenden ein enormes Hindernis auf seinem Weg zum Glauben sein. Und wenn dieser Suchende schließlich besorgt wird, weil sich in seinem Leben nichts verändert hat, wird er nicht zu demjenigen zurückgehen, der ihm die leere Zusage der Heilsgewissheit gegeben hat. Vielleicht wird er sogar eine Zeitlang orientierungslos und desillusioniert umherirren.

Auf der anderen Seite vom Pferd fällt man, wenn man jemandem, der wirklich Sündenerkenntnis erfahren und sich dem Herrn ausgeliefert hat, keine Heilsgewissheit zuspricht. Unweise Seelsorge hat schon viel Herzeleid verursacht, wenn eine echte Bekehrung übersehen wurde und Gläubige, denen Heilsgewissheit fehlte, einfach nach Golgatha zurückgeschickt und im Endeffekt aus der Familie der Erlösten ausgestoßen wurden. Als Mitarbeiter Gottes müssen wir erkennen, ob es bei jemandem, dem Heilsgewissheit fehlt, Anzeichen für eine
Bekehrung gibt. Wenn das der Fall ist, müssen wir dieser zweifelnden Seele diese Indizien aufzeigen. Vielleicht müssen wir diesem Menschen helfen, Ermutigung und Gewissheit aus dem zu gewinnen, was der Herr bereits eindeutig in seinem Leben getan hat. Vielleicht sollten wir ihm zeigen, dass er dankbar sein sollte für jedes Indiz für das Gnadenwerk des Heiligen Geistes, und dass er dem Herrn kein Lob vorenthalten sollte.

Ebenso entscheidend ist es, die Zeichen für eine Bekehrung zu kennen, wenn wir unsere biblische Pflicht erfüllen wollen, in unserer Ortsgemeinde dafür zu sorgen, dass sie nur aus wiedergeborenen Gliedern besteht.

In der Geschichte der christlichen Kirche war die Aufnahme von Unerretteten in die Gemeinde stets die Ursache für die größten Probleme. Falsche Lehre, Weltlichkeit und Abfall haben hierin ihren Ursprung. Wie konnte es der Geißel des Modernismus gelingen, während der letzten hundert Jahre das wahre Evangelium im Westen aus so vielen protestantischen Denominationen zu verbannen? Und was veranlasste zahllose evangelikale Gemeinden, in der Flutwelle der »weltlichen« Christenheit zu kentern, die in den 1960er Jahren aufkam? Die biblische Erklärung lautet: Es war zu viel »Holz, Heu und Stroh« in den Gemeinden. Die Verantwortung von Hebräer 12,15 wurde in unseren Reihen weitgehend ignoriert:

»Achtet darauf, dass nicht jemand die Gnade Gottes versäumt,
dass nicht etwa eine bittere Wurzel aufwächst und Unheil
anrichtet und viele durch diese befleckt werden.«

Jemand, der die Gnade Gottes versäumt hat, ist ein Mensch, dem eine richtige Bekehrung fehlt.

Bei Gesprächen mit angehenden Gemeindegliedern sind wir fehlbar und werden unausweichlich Fehler machen. Sicher sollen unsere »Tests« nicht zu streng sein, denn es darf niemals unmöglich schwer für einen Geretteten sein, sich der Ortsgemeinde anzuschließen. Doch wir müssen sorgfältig hinschauen und unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass wir nur solchen die Hand der Gemeinschaft reichen, die ein vernünftiges Maß dieser Kennzeichen einer Bekehrung zeigen. Für diese Arbeit brauchen wir eine gründliche Kenntnis dieser wichtigen Merkmale der Gnade.

Wir haben in diesem Buch beobachtet, dass beim Sünder Licht und Verständnis Stück um Stück zunehmen, wenn er von Sünde überführt wird. Bevor er all seine Rebellion verwirft und sich vor dem Herrn demütigt, kann es oft eine Krisenzeit im Herzen und damit ein Hinauszögern geben. Demzufolge können die Merkmale der Gnade bei einem Suchenden nach und nach auftreten; aber erst, wenn die Finsternis sich völlig in Licht verwandelt hat, aus Schuld Vergebung geworden und der Sünder vom Tod zum Leben übergegangen ist, werden diese Zeichen klar hervorstrahlen.

Im Neuen Testament finden wir noch eine Reihe weiterer Kennzeichen der Bekehrung, aber in diesem Kapitel wollen wir uns auf diejenigen beschränken, die besonders einfach zu erkennen sind. Sogar in Apostelgeschichte 2 gibt es noch ein weiteres Zeichen, das wir um der Kürze willen ausgelassen haben. Lukas berichtet: Die Bekehrten von Pfingsten »blieben beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen …«. Es ist ein Zeichen der Gnade, dass wahre Bekehrte den Herrn anbeten und Ihm ihre Liebe zeigen möchten. Sie brauchen dazu nicht gedrängt oder überredet zu werden. Ihnen fehlt es nicht an Begeisterung und Leidenschaft für die Anbetung. Ein schwerwiegendes Fragezeichen steht über den Köpfen sogenannter Bekehrter, die nur dann glücklich sind, wenn der Gottesdienst eine Unterhaltungsveranstaltung ist. Der Leser möge sich das als achtes Kennzeichen merken.

All diese Zeichen des geistlichen Lebens geben uns als Seelenärzten einen rechten Blick dafür, was wir bei einer echten Bekehrung erwarten und suchen sollten. Doch ob wir sie zum Einschätzen von Suchenden oder zum Ermutigen von Neubekehrten verwenden, müssen wir stets bedenken, dass die Bekehrung ein Werk des Heiligen Geistes ist. Sie kann nicht manipuliert werden. Wir bleiben nichts weiter als Gehilfen in Dingen, die zu hoch für uns sind, und wir dürfen uns niemals des souveränen Vorrechts des Heiligen Geistes bemächtigen, indem wir Suchende in das Reich Gottes hineinhetzen oder-schubsen.